Essay

20.April 1993. Aus meinem frueheren Tagebuch.

Beobachtete gestern auf der Tauentzien folgende Szene: Ein grauhaariger Mann schob einen gewoehnlichen Rollstuhl, in dem eine Person sass, zu einem geparkten Auto und lies den Stuhl mit der Person dort kurz stehen.
Er oeffnete die Tuer des Autos, hob das  (weibliche) Wesen aus dem Rollstuhl, und zwar so geschickt, dass es einen Augenblick zu stehen schien.
Dann griff er es schnell und bewegte es, wie einen schweren laeglichen Gegestand, eine Teppichrolle etwa, mittels einer auffallend gekonnten Drehbewegung in Richtung auf die Autotuere zu, wobei ich des Gesichtes der Person
– eine offenkundig schwere Demenz – ansichtig wurde.
Er hob das Wesen und legte es ganz sanft in das Auto auf einen Sitz.

Was mich an der Szene faszinierte war wohl die voellig unsentimentale, professionelle Akkuratesse, mir der ein solcher, an sich trauriger Fall perfekt gehandthabt wrd.

Das Gesehene beruerte mich noch Stunden danach. Das Selbstverstaendliche und gleichzeitig auch spuerbar Liebevolle, mit der der Mann die noetigen Hilfstellungen durchfuehrt.