Photo-Excursion / Exkurs ueber das Fotografieren


Exkurs.


Ueber das, was ich als meine Arbeit betrachte.

Das sich selbst schaerfende Sehen.

Beim Fotografieren etwa. Den eklatanten Widerspruch zwischen Fotoapparat und Auge akzeptieren.

Und ‚erfinderisch‘ nutzen.

Ob das Fotografieren frueher mit analogem Material geschah oder heute digital entsteht, ist nicht der springende Punkt.
Aber: die Befreiung von der Buerde, fotografisch nur mit Zelluloid-Material arbeiten zu koennen. –
(Die ewige Angst von gestern, Film-Material zu vergeuden.)
Ich nehme auf und lasse wieder verschwinden. Ich bin nicht Egglestone, der sich noch strikt mit einer Bildeinstellung begnuegt. Ich wiederhole ein Bild, falls ich es fuer angemessen halte und die Situation es erlaubt .
(Anderes schafft mir beim Prozess des Ablichtens wie eh und je Hemmungen. Etwa die Scham, wenn ich sogenannte ‚Sozialfaelle‘ ablichte. Die Angst, dass einem der Apparat aus der Hand geschlagen wird. Wie schon einmal geschehen.)

Angst verkrueppelt.

Das Positivste fuer den Fotografen in unserer Zeit: ‚Fotorealitaet‘ im Nachhinein am Computer zu steuern. Wo immer man sich aufhaelt. (Von der alten Dunkelkammer erloest zu sein.)

Das Arbeitsgeraet sollte klein und leicht sein. Um schnell aus der (Hosen)Tasche, gezogen werden zu koennen. Ich bin nicht mehr Atget, der mit seinem riesigen und schweren Geraet an den Arbeitsplatz zog. Ich bin auch kein Cartier Bresson mit seiner – damals schon – ziemlich schnellen Zeiss-Ikon. Ich kann, muss schneller sein.

„The Media is the Message“, gilt bei den neuen kleinen Digitalkameras noch mehr. Aeltere Photos sind statischer; Ikonenhafter ‚gebaut‘.

Die Beweglichkeit mit einem Foto-Geraet muss weiter geuebt werden. Nicht im Sinne einer cinematographischen, automatisierten Bilderflut. Mein Flux sind die Sekundenbruchteile, Thoreau’s Minutes.
Der gewisse, eingefrorene, markante Moment, der alles auf einen bildhaften ‚Punkt‘ bringt.

(Immer wieder nach dem noch geeigneteren Geraet Ausschau halten!)

b.
2011-06-28
S.F.

Weitergedacht auf dem Weg ins Presidio.

Was den heutigen Fotografen auszeichnet:

er weiss, dass es zwischen dem Foto und der Wirklichkeit ebenso wenig die Kongruenz (Uebereinstimmung) gibt, wie die zwischen dem Alphabet und der Wirklichkeit.
Beides sind Konstrukte, die das Gehirn zusammensetzt. „Realitaet“ an sich gibt es nicht.
Konstrukte, die in dem Moment sinnhaltig werden, sobald man sie als eine Art spiegelbildlicher Simulation dessen empfindet, was man fuer ‚wirklich‘ haelt. Eine jeweils historisch bedingte.

Eine Illusion eben. Eine Gaugelei.
Jeder, der ‚Kunst‘ erfindet, arbeitet an dieser Illusion. Sei es ein Velazquez mit seinem suggestiven Papstbildnis, ein Hitchcock mit Vertigo oder ein Walt Disney mit Snowwhite Selbst die Mosaiken an den Waenden in Ravenna suggerieren (phantastische!) Illusionen; durch das funkelnde, sternenartige Aufleuchten im Voruebergehen an den Mosaikszenen, gebildet aus Silber- und Goldsteinchen.

Eben. Die Illusion von quasi Lebendigem herzustellen.
The Illusion of Life, wie Walt Disney es nannte.

Eine dem Menschen hilfreiche.

„Nichts fuerchten die Lebenden mehr, als die Starrheit des Todes.“

Presidio. S.F. 12/06/2011

(Weiterdenken!)